Mit der Drs. 21-1392.07 „IBV Bürgerhaus Harburg – Empfehlung der Jury“ haben das Sozialraummanagement Harburgs und die Bezirksamtsleitung dem Kulturstandort Harburg bedauerlicherweise immensen Schaden zugefügt. Die Startbedingungen, egal für welchen Betreiber im Haus Rieckhoffstraße 12, sind somit denkbar schlecht und wenig verheißungsvoll. Denn worum ging es?

Bisher wurde keine Kritik im Sinne von Kriterien an der bisherigen Arbeit des Trägervereins Rieckhof geäußert. Wohl aber wurde im Bewerbungsausschreiben des Bezirksamtes darauf abgehoben, „einen besonderen Begegnungsort schaffen, der allen Menschen und Personengruppen offensteht. Dabei richten sich Bürgerhäuser insbesondere an Menschen, die kulturell, sozial und/oder stadtteilentwicklungs­politisch aktiv sind oder dies sein möchten. Bürgerhäuser entwickeln eigene Angebote und unterstützen Stadtteilentwicklungsprozesse. Die Wünsche und Anregungen der Bevölkerung werden im Wege einer aktiven Beteiligung aufgegriffen.“

Schon unter den fünf Bewerbenden wurde aber klar, dass die Akteur*innen eben nicht die gesellschaftlichen Strukturen repräsentierten.

„Leider wurde auch im Fragenkatalog für die Jury an keiner Stelle die relevante Frage gestellt, was Harburg hat bzw. NICHT hat. Geschweige denn, was Harburg künftig eigentlich bräuchte“, kritisiert Heiko Langanke von der DIE LINKE.-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg.

Der Prozess der Partizipation sollte ferner hergestellt sein durch einen Beirat, der durch Vertreter*innen von Schüler*innen, Studierenden und etwa Senior*innen bestückt war. Konterkariert und ad absurdum geführt wurde diese angebliche Partizipation dadurch, dass die stimmberechtigten Jurymitglieder (nur Fraktionsvertreter*innen und Verwaltung!) ihre Punktvergabe einzureichen hatten, bevor es zu einem Austausch mit eben den Beiratsvertreter*innen kommen konnte. „Das ganze Verfahren war, was den Punkt der Partizipation gesellschaftlicher Akteur*innen angeht, pure Demokratiesimulation“, so Langanke.

Zu Recht hatte in der Jurysitzung ein Studierendenvertreter angemerkt, dass seine Einschätzung ja wohl gänzlich irrelevant sei. Bis dahin war die Stimmverteilung der beiden Bewerbenden Kulturpalast Billstedt und Bürgerhaus Wilhelmsburg fast gleichauf. Erst dadurch, dass angeregt wurde, doch nochmal nach Anhörung der Einschätzungen der Beiratsmitglieder neuerlich ein „Stimmungsbild“ einzuholen, kam es dann zu einer Schlussbewertung zwischen den beiden führenden Bewerbenden.

Da die drei Vertreter*innen der Verwaltung selbst stimmberechtigte Jurymitglieder waren, ist es schlicht irreführend, wenn die Verwaltung in der Empfehlung schreibt: „Das Bezirksamt Harburg schließt sich der Empfehlung der Jury vollumfänglich an“. Sie ist ja ein wesentlicher Teil von ihr gewesen und hat im Übrigen einstimmig für den Kulturpalast abgestimmt.

Nun auch schon zu verkünden, man wolle mit dem kommenden Beirat schon ein nächstes IBV sondieren, zeigt zudem in besonderer Weise, dass Harburg hier entgegen den Richtlinien zur Planungssicherheit für institutionell geförderte Einrichtungen einen Präzedenzfall geschaffen hat: Planungssicherheit gibt es nicht mehr.

„Unter diesen Bedingungen zu starten ist – egal für welchen Bewerbenden – ein extrem ungünstiges Unterfangen“, stellt Heiko Langanke fest. „Weder sind hier die Gepflogenheiten von Partizipation oder fairem Umgang eingehalten worden. Letztlich soll der Kulturpalast nun im Grunde auch die „brauchbaren Elemente“ der anderen Bewerbenden in sein Konzept einbinden – datenschutzrechtlich wird hier also selbst der beschworene wettbewerbliche Schutz von Daten zielgerichtet ausgehebelt. Noch wurde in Wahrheit auf die ideellen Grundlagen der viel beschworenen Förderrichtlinie für Bürgerhäuser geachtet. Vor allem spielte der soziokulturelle Status des Bezirks Harburg gar keine Rolle in dem gesamten Verfahren. Die wesentliche Frage „Was braucht Harburg eigentlich?“ wurde nie gestellt.“

„Diese dilettantische Vorgehensweise schädigt die eh nicht sonderlich ruhmreiche Kulturpolitik Harburgs nachhaltig. Leidtragende sind letztlich alle Kulturschaffende in Harburg, die ungewollt sich rechtfertigen müssen für eine bezirkliche Kulturpolitik, die im Grunde nur eines zeigt: sie existiert nicht“, so Heiko Langanke.

Last modified: 22. März 2022