Alle Kinder und Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen haben ein Recht auf Teilnahme und Teilhabe an der Gesellschaft. Armut und soziale Ungleichheit stehen dem jedoch vielfach entgegen. Die Zunahme von
psychischen Problemen wie Angststörungen und Depressionen auch bei Kindern und Jugendlichen infolge der restriktiven Maßnahmen, die in Verbindung mit der SARS-CoV2-Pandemie über die Köpfe der
Betroffenen hinweg verhängt wurden, machen fachliche und politische Antworten dringend erforderlich!
Im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention kämpfen wir für ein gut ausgestattetes Bildungswesen und eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur, die auf die Entwicklung von Solidarität, Empathie sowie gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit gerichtet sind. Die jüngst beschlossenen Verbesserungen im Sozialgesetzbuch VIII zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wollen wir in diesem Sinne nutzen.
Auch in Hamburg ist der Zugang zum Schulsystem jedoch immer noch stark von der sozialen Herkunft der Eltern abhängig. Diese Ungerechtigkeit wird durch die Spaltung des Hamburger Schulwesens in Stadtteilschulen und Gymnasien („Zwei-Säulen-Modell“) noch verstärkt.
DIE LINKE tritt dementgegen für eine inklusive und demokratische Schule für alle ein, die gemeinsames Lernen ermöglicht. Doch Bildung findet nicht nur in der Schule statt, sondern auch in Kindergärten, Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, Vereinen und an vielen anderen Orten.
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) sowie die gemeinwesenorientierte Soziale Arbeit in den Stadtteilen sind wesentliche Bestandteile der sozialen Infrastruktur. Sie tragen zur Entwicklung einer demokratischen Kultur und zu einem solidarischen Aufwachsen bei, stärken die Selbstorganisation und verbessern die Lebensqualität. Die Offene Arbeit ist jedoch strukturell unterfinanziert und vielfach personell schlecht ausgestattet. Für OKJA und Familienförderung werden in Hamburg pro Jahr lediglich 30 Mio. EUR bereitgestellt. Damit wurden im Jahr 2022 rund 250 Einrichtungen der OKJA Jugendsozialarbeit sowie über 100 Einrichtungen der Familienförderung mehr schlecht als recht gefördert.
Die Konkurrenz zwischen den Einrichtungen um knappe Mittel muss überwunden werden.
Statt die Fachkräfte und Ehrenamtlichen mit übermäßigem Verwaltungsaufwand zu belasten, müssen die Angebote verlässlich gefördert und ausgebaut werden. Kinder und Jugendliche sind daran als Expert*innen ihrer Lebenswelt zu beteiligen. Selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung im Sinne des neuen § 4a des SGB VIII sind zu schaffen und zu stärken.
Seit einigen Jahren nehmen die Problemlagen und Hilfebedarfe in den Familien in gravierendem Maße zu. Die Zahl der Meldungen von Kindeswohlgefährdungen, die Zahl der hilfesuchenden Kinder und Eltern
sowie die Zahl der gewährten arbeits- und kostenintensiven Hilfen zur Erziehung bewegen sich auf einem sehr hohen Niveau. Die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) in den Jugendämtern sind überlastet und die
Fachkräfte des ASD und in der ambulanten und stationären Jugendhilfe stehen unter starkem Druck – noch verschärft durch die Nebenwirkungen der Corona-Maßnahmen. So hat die Zahl der Überlastungsanzeigen aus den ASD stark zugenommen. Hier muss dringend gehandelt werden. Es braucht mehr Fachkräfte in den ASD und in der Jugendhilfe insgesamt und diese benötigen bessere Arbeitsbedingungen und deutlich mehr Spielräume für pädagogisches Handeln.
Gegenwärtig werden Kinder und Jugendliche, deren Eltern Hilfe zur Erziehung erhalten, häufig weit entfernt von ihrem Zuhause bei gewinnorientierten Trägern untergebracht, die vielfach mit repressiven Methoden arbeiten. Es braucht stattdessen dringend wohnortnahe Lösungen, die nicht stigmatisieren und nicht ausschließen. Dafür müssen Kooperationszusammenhänge wie die erfolgreiche „Koordinierungsstelle individuelle Hilfen“ auch in den Bezirken eingerichtet werden. Benötigt werden Ressourcen für kreative Lösungen und ein Ausbau von sozialräumlichen Einrichtungen wie Stadtteilzentren sowie Kinder- und Familienzentren. Für wohnungslose Jugendliche muss dringend der benötigte Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Für eine demokratische Verteilung der Mittel sind etablierte Gremien wie die Jugendhilfeausschüsse in ihren Entscheidungskompetenzen zu stärken. Die
aus der politisch erzeugten Not geborene Praxis der Bezirke, mit Resten übrig gebliebener Haushaltsmittel die gravierendsten Probleme vor Ort zu beheben, muss aufhören.
Wir fordern:
● Eine Schule für alle. Wir lehnen soziale Selektion und Konkurrenz auch in der Bildung ab.
● Den Ausbau der sozialen Infrastruktur, insbesondere die Stärkung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Straßensozialarbeit, der Familienförderung und für jeden Bezirk ein weiteres Kinder- und Familienzentrum.
● In Neubaugebieten müssen Einrichtungen der OKJA und Treffpunkte wie Kinder- und Familienzentren und Orte der Beratung regelhaft eingerichtet werden.
● Eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung von Kitas und Krippen.
● Beitragsfreies Frühstück in allen Kitas und Grundschulen und beitragsfreies Essen an allen Schulen.
● Mehr fachliche Vollzeitstellen in allen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (Mindestausstattung von zwei Vollzeitstellen pro Einrichtung der Offenen Arbeit).
● Ein Rahmenkonzept sowie Koordinierungsstellen in allen Bezirken für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Gestaltung ihrer Lebensbedingungen.
● Beitragsfreier Zugang für alle Kinder und Jugendliche zu Sportvereinen, Theatern, Konzerten, Museen und anderen Kulturveranstaltungen.
● Verstärkte Anstrengungen zur Realisierung eines barrierefreien Zugangs zu allen Einrichtungen der Jugendhilfe sowie eine Sanierungsoffensive.
● Verstärkte interdisziplinäre Anstrengungen zur Kompensation der durch die Corona-Maßnahmen erzeugten Defizite.