Tausende Hamburger Kleinunternehmer*innen und Soloselbstständige, deren Existenzen durch die Corona-Pandemie bedroht waren, sehen sich nun mit der harten Realität von Rückzahlungsforderungen konfrontiert. Eine aktuelle Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft (Drs. 23/993), über die auch das Hambruger Abendblatt berichtete, offenbart die Diskrepanz zwischen den damaligen Versprechen und der heutigen Bürokratie.

Was der Senat sagt und was er verharmlost

Der Senat legt in seiner Antwort Zahlen zu den Corona-Hilfen offen: Insgesamt wurden in 130.000 Fällen 3,8 Milliarden Euro bewilligt. Von diesem Betrag müssen 358 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Finanzsenator Dressel verteidigt die Rückforderungen und verweist auf die Verpflichtung, “von Bundesseite zu einer sauberen Abrechnung der Hilfen” zu kommen. “Schließlich handelt es sich um Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler”, so der Senator.

Was der Senat dabei jedoch verharmlost, ist das Ausmaß des Problems. Die Tatsache, dass mehr als 18.000 Widersprüche von den Betroffenen gegen die Bescheide eingelegt wurden und 419 Fälle vor Gericht gelandet sind, zeigt, dass es sich keineswegs um Einzelfälle handelt. Das Vorgehen der Behörden wird vom Dehoga-Verband als “bürokratisch und penibel” kritisiert, was die vom Senat angepriesenen “erweiterten Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten” als nur unzureichenden Schutz entlarvt.

Die Bürokratie-Falle: “Nicht rückzahlbar” war nur ein Versprechen

Die eigentliche Crux liegt in der Natur der damaligen Hilfen. Viele der Betroffenen gingen von einem echten Zuschuss aus, als sie die Soforthilfen beantragten. Doch wie schon in den Bewilligungsbescheiden zur Soforthilfe vermerkt war, handelte es sich um eine “freiwillige Finanzhilfe”, die bei “unrichtigen oder unvollständigen Angaben” oder bei “Überkompensation” zurückgezahlt werden musste.

Ähnlich verhielt es sich mit den Überbrückungshilfen, die im Merkblatt und in den Eckpunkten ebenfalls an strenge Bedingungen geknüpft waren: Die Höhe der Hilfen wurde nur anteilig auf Basis des tatsächlichen Umsatzeinbruchs im Förderzeitraum berechnet. Die Rückzahlung wurde fällig, wenn der prognostizierte Umsatzeinbruch im Nachhinein geringer ausfiel.

Für viele, die in ihrer größten Not staatliche Hilfe annahmen, entpuppt sich dies nun als eine bürokratische Falle, die sie an die Bedingungen eines Kredits erinnert, statt als unkomplizierte Rettung in der Krise. Statt die Existenz am Laufen zu halten, müssen viele Kleinunternehmer*innen nun um ihr Überleben kämpfen, da sie sich mit Formalien und Rückzahlungsforderungen konfrontiert sehen, die sie in der Krise nicht vorhersehen konnten.

Xenija Melnik, wirtschaftspolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion: „Hier muss die Stadt unbedingt mehr Unterstützung bieten – diese oft sehr rigiden Rückforderungen sind der völlig falsche Weg. Wir fordern den Senat auf, den Ermessensspielraum zu erweitern und verhältnismäßig über die Anträge zu entscheiden. Kleinunternehmer*innen und Soloselbstständige gehören weiterhin unterstützt.“

Finanzsenator Dressels Vorwurf des “Heldentums nach Ladenschluss” ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die in der Krise mit den vom Senat zur Verfügung gestellten Hilfen um ihre Existenz kämpften. Der Senat hätte von Anfang an mehr Transparenz und kulantere Regelungen schaffen müssen, um die Existenz von Kleinunternehmen und Soloselbstständigen nachhaltig zu schützen.

Wir fordern:

  • Eine sofortige Ausweitung der Ermessensspielräume, wie sie der Senat angeblich schon geschaffen hat, damit niemand wegen der Rückzahlungen in eine neue Notlage gerät.
  • Eine Überprüfung der bestehenden Rückforderungsbescheide auf ihre Verhältnismäßigkeit.
  • Eine Kulanzregelung, die die besonderen Umstände von Soloselbständigen und Kleinstunternehmen berücksichtigt, anstatt sie durch bürokratische Hürden in die Insolvenz zu treiben.
Last modified: 11. August 2025