In der Bezirksversammlung am 25. Februar 2020 kam es dazu, dass unser Fraktionsmitglied Simon Dhemija während einer Diskussion um den Antrag, sich dem am 1. Mai geplanten Naziaufmarsch entgegenzustellen, dem AfD-Abgeordneten Arft das Wort „Faschist“ entgegenrief, nachdem dieser die Rechtsradikalen verharmlost hatte. Nun fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag die „Verurteilung verbaler Verrohung“ in der Diskussion der Bezirksversammlung.

Beschäftigt man sich jedoch mit der „Diskussionskultur“ der AfD, so kann es nur erstaunen, dass eine solche Forderung gerade von dieser Partei kommt, haben sich doch die Politiker/innen der AfD schon immer gerade durch Provokationen und Pöbeleien hervorgetan, sei es im Bundestag, in den Landesparlamenten oder den Medien. Sie haben so die politische Diskussion in diesem Land vergiftet und selbst eine verbale Verrohung gefördert. Nicht nur, dass ein Björn Höcke gerne rhetorisch an den faschistischen Sprachgebrauch der Nazis anknüpft, auch beleidigende Zwischenrufe von AfD-Abgeordneten in Richtung anderer Fraktionen oder verbale Abwertung und Beleidigung von Menschen und Bevölkerungsgruppen sind keine Seltenheit.

Nur einige Beispiele: So äußerte AfD-Ehrenvorsitzender Alexander Gauland 2017 bei einer Wahlkampfrede über die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz, man könne sie “in Anatolien entsorgen”. Angela Merkel nannte er eine „Kanzler-Diktatorin“. Stephan Brandner nannte die Grünen „Koksnasen“ und Kinderschänder“ und meinte, Heiko Maas sei das „Ergebnis politischer Inzucht im Saarland“. Stefan Räpple rief 2018 bei einer Debatte im Stuttgarter Landtag in Richtung SPD: «So sind sie, die roten Terroristen!» und provozierte so sehr, dass er des Saales verwiesen wurde. André Poggenburg sagte beim politischen Aschermittwoch 2018 über in Deutschland lebende Türken: „Diese Kameltreiber sollen sich dahin scheren, wo sie hingehören: weit, weit, weit hinter den Bosporus zu ihren Lehmhütten und Vielweibern“ und nannte sie „heimat- und vaterlandsloses Gesindel, das wir hier nicht länger haben wollen“. Und auch Alice Weidel meinte 2018 im Bundestag: “Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.”

Ist das die hier von der AfD geforderte sachliche Diskussion und ein fairer Umgang miteinander? Wir meinen: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Wer einer Partei angehört, die vor allem durch rechtspopulistische Hetzreden und Verhöhnung politischer Gegner auf sich aufmerksam macht, darf sich nicht bei verbalen Angriffen auf die eigene Person in der Opferrolle sehen, sondern muss auch anderen zugestehen, nicht immer sachlich zu bleiben. Vor allem, da die AfD die eigenen Provokationen offenbar nicht als Ausrutscher sieht, sondern als ausgeübte Redefreiheit. So äußerte sich z. B. André Poggenburg, zu seinen notorischen Pöbeleien befragt: „Ja, das ist schon der Ton, der in ein freiheitliches Parlament gehört…Wir merken eine Verengung des Sprachgebrauchs und den möchten wir gern wieder aufbrechen. Wir möchten eine ganz freie Rede in einem ganz freien Parlament.“  

Wir, die DIE LINKE. Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg und der DIE LINKE. Bezirksvorstand Harburg stehen hinter unserem Genossen und Fraktionsmitglied Simon Dhemija. Wir bevorzugen eine sachliche Diskussion und sind gegen verbale Verrohung, sehen aber aus den genannten Gründen den AfD-Antrag als heuchlerisch und scheinheilig an und werden ihm deshalb nicht zustimmen.  

Last modified: 9. Oktober 2020